Wie jedes Jahr, wenn nicht gerade Corona dazwischengrätscht, lockt der Märchenbazar im Münchner Olympiapark zahlreiche Gäste an. Von Ende November bis Ende Dezember verkauften Künstler*innen dort eigens gefertigten Schmuck, sorgte Live-Musik im Goldmarie-Zelt für Stimmung und feuerten natürlich Glühwein und Feuerzangenbowle die Weihnachtsstimmung an.
Doch inmitten des Trubels sorgte eine besondere Aktion für Aufsehen unter den Besucher*innen. Mit ungewöhnlichen Mitteln schaffte die Gruppe gegen die Todesstrafe Aufmerksamkeit für eine wichtige Sache.
Weihnachts-Aktion mit QR-Code der Amnesty-Gruppe gegen die Todesstrafe
Laut eines Berichts haben die gerichtlich durchgeführten Hinrichtungen im Jahr 2022 den höchsten Wert seit fünf Jahren erreicht. »Mindestens 883 Hinrichtungen in 20 Ländern wurden dokumentiert«, schreibt die Tagesschau [1]. Die meisten davon wurden im Iran, Saudi-Arabien, Ägypten und China durchgeführt.
Mit der Weihnachts-Aktion am Münchener Märchenbazar zeigte nun die Gruppe gegen die Todesstrafe nicht mit erhobenem Zeigefinger auf die Staaten, sondern lenkte die Aufmerksamkeit der Besucher*innen auf solche von der Todesstrafe betroffene Einzelschicksale.
Dazu hingen an einem Tannenbaum vor dem Goldmarie-Zelt dort Holzschilder, wo die Gäste sonst Christbaumschmuck antrafen. Die Zweige der großen Tanne waren auf Augenhöhe mit farbig bedruckten Holzschildern behangen. Der Druck gab der Statistik gleich mehrere Gesichter. Eines von vielen ist der US-Amerikaner Rocky Myers, der – trotz fehlender Beweise – neben 175 anderen Gefangenen im Bundesstaat Alabama in der Todeszelle sitzt [2].
Über einen scanbaren QR-Code konnten sich die Besucher*innen online über die Amnesty-Aktionen hinter den Betroffenen informieren. In Rocky Myers Fall fordert Amnesty Alabamas Gouverneurin Kay Ivey zur Begnadigung des Mannes auf. Mit diesen und anderen Briefaktionen baut Amnesty über E-Mails, Social-Media-Postings oder eben Briefe Druck auf Menschenrechte missachtende Regierungen auf.
Sicherlich wurde für so manch eine*n Märchenbazar-Besucher*in zwischen Spekulatius und anderen Spezereien der Blick über den Plätzchenteller geweitet.
Todesstrafe als Auslaufmodell?
Doch auch jenseits der Holzschild-Aktion der Münchener Gruppe gegen die Todesstrafe gibt es Hoffnung: Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone und die Zentralafrikanische Republik haben die Todesstrafe im Jahr 2022 ganz abgeschafft, berichtet Amnesty [3].
Scheinbar bewegt sich die Welt immer weiter weg von der Todesstrafe. Den gravierenden Missstand vieler hunderter oder gar tausender jährlich zu Unrecht zum Tode verurteilter Menschen schmälert der Rückwärtstrend nicht. Vielleicht nahmen einige Weihnachtsmarkt-Besucher*innen nicht nur ihr Smartphone in die Hand, sondern jetzt auch Stifte in die Hände?
Quellen:
[1] https://www.tagesschau.de/ausland/amnesty-hinrichtungen-weltweit-100.html
[2] https://action.aclu.org/petition/save-rocky-myers
[3] https://www.amnesty.at/themen/todesstrafe/todesstrafe-weltweit-2022-laenderuebersicht-zahlen-und-fakten